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Die graue Eminenz – Teil 2

Kommen wir zu den wirklich spannenden, weil zwischenmenschlichen Themen in der Awram-Geschichte. Saraj ist unfruchtbar und um überhaupt einen Sohn zu bekommen, schlägt sie selbst Awram vor, doch mit ihrer Magd Hagar ein Kind zu zeugen (16:2). Man ahnt die Verzweiflung einer kinderlosen Ehe, wenn man sich diesen Vorschlag nochmal genau durchdenkt. Natürlich wird Hagar schwanger und da sie ein Kind bekommt und Saraj nicht, betrachtet sie Saraj mit Geringschätzung – woraufhin Saraj sie wiederum demütigt und Hagar flieht (der erste „Zickenkrieg“ in der Menschheitsgeschichte?).

Ihr erscheint ein Engel (melech) und sagt ihr erstens, dass sie zu Awram zurückkehren und sich auch von ihrer Gebieterin demütigen lassen soll (16:9), zweitens verspricht er ihr, dass er (nicht G´tt) ihr zahlreiche Nachkommen schenken wird und drittens gibt er ihr auf, ihren Sohn Jischma´el zu nennen (16:11).

13 Jahre nach der Geburt seines Sohnes Jischma´el spricht G´tt erneut zu Awram. Er erneuert seinen Bund mit ihm, er verspricht ihn zahlreich zu vermehren. Daher soll Awram künftig Awraham (also Vater – aw – von einer Menge – hamon – Völker) heißen (17:5). Zugleich schenkt er Awraham das gesamte Land Kena´an zum ewigen Eigentum (aber nur, wenn G´tt auch ihr Gott ist – 17:8). Um den Bund zu besiegeln sollen ab sofort alle Männer an der Vorhaut beschnitten werden und zwar im Alter von 8 Tagen und sowohl die eigenen Nachkommen als auch die „mit Silber Erkauften“ (17:12). Dieses Gebot ist nicht fakultativ, eine nicht-beschnittene Person hat den Bund mit G´tt gebrochen und soll aus dem Volk von Awraham ausgerottet werden. Um zu beweisen, dass er es ernst meint, verspricht G´tt dem Awraham, dass ihm von Saraj (die sich ab jetzt Sarah nennen darf) ein Sohn geschenkt wird. Auch hier zeigt sich wieder, welche besondere Beziehung Awraham zu G´tt hat – er hält dieses Versprechen nämlich für einen schlechten Scherz und lacht über die Ankündigung (17:17). Wie soll einer 90jährigen ein Sohn geboren werden? Aber G´tt bestätigt seinen Plan nochmals und sagt auch, dass der Sohn Jizchak heißen soll. Außerdem bestätigt G´tt nochmal, dass er beide Söhne Awrahams jeweils zu einem großen Volk machen wird, aber dass sein Bund mit Jizchak ist. Um den Bund zu vollziehen, beschneidet Awraham alle seine männlichen Angehörigen (Jischma´el ist 13 – das Alter, in dem muslimische Männer beschnitten werden).

Der Abschnitt enthält zwei entscheidende Erzählungen: zum ersten werden hier die Weichen gestellt für die Entwicklung von zwei großen monotheistischen Religionen – Awraham ist Stammvater der jüdischen (über Jizchak) und muslimischen (über Jischma´el) Religion. Zum zweiten wird hier auf ewig ein Bund geschlossen zwischen den Juden und G´tt und dieser mit einem körperlichen Zeichen manifestiert. Erneut verspricht G´tt eine Vermehrung des Volkes und schenkt seinem auserwählten Volk Land. Das Versprechen des Bundes wird mehrfach wiederholt, hier jedoch nun durch einen Eingriff auch gekennzeichnet. Und wie bereits erwähnt ist die Beziehung von Awraham zu G´tt so ebenbürtig, dass Awraham sogar an seinem Versprechen zweifeln kann.

Ein weiterer interessanter Punkt ist die starke Rolle zweier Frauen – Sarah und Hagar – in der ansonsten recht patriarchalen Tora (von wenigen weiteren Ausnahmen abgesehen).

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