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Gesetze aus Milch und Honig

Im Judentum gibt es drei Wallfahrtsfeste – also Feste, zu denen zu Zeiten des Tempels nach Jerusalem gepilgert wurde. Neben Sukkot und Pessach ist das Schawuot. Schawuot ist nicht nur ein sehr interessantes Fest, es hat auch mehrere Bedeutungen.

Die wohl wichtigste dabei ist die Erinnerung an die Gabe der 10 Gebote an Moshe am Berg Sinai. Wir feiern damit aber nicht nur die 10 Gebote – G´tt hat mit den 10 Geboten die gesamte schriftliche und mündliche Tora übergeben und somit ist Schawuot auch ein Fest der Gesetze. Daher werden in der ersten Nacht von Schawuot u.a. alle 613 Mizwot, also Ge- und Verbote gelesen – die Lesung der 10 Gebote steht aber im Mittelpunkt der Feier. Die Nacht durch zu lesen und zu studieren ist eine Tradition, die auf einer etwas komischen Begegenheit beruht: als Moshe vom Sinai herunterkam, schliefen alle Juden und er musste sie erst wecken, um die Gebote zu verkünden. Dieser Faux pas soll dadurch geheilt werden, dass an Schawuot die ganze Nacht durch gelesen wird.

Schawuot steht in enger Verbindung zu Pessach – das Fest, an dem der Auszug aus Ägypten gefeiert wird. Zwischen Pessach und Schawuot liegen 50 Tage – eine Zeit, die Omer genannt wird, als Trauer- und Fastenzeit gilt und in der jede einzelne Tag gezählt wird – das Omer zählen. Aus dieser Zeit leitet sich übrigens auch der Name Schawuot ab: Schawuot ist die Mehrzahl von Shavua, was „Woche“ bedeutet. Und das zwischen Pessach und Schawuot 7 Woche (49 Tage) plus ein Tag liegen, ist Schawuot das „Wochenfest“.

Das Erlangen der Freiheit (Pessach) und das Erlangen der Gesetze (Schawuot) stehen in engem Zusammenhang und machen letztlich das Volk Israels zu dem, was es ist. G´tt führt sein auserwähltes Volk aus der Knechtschaft und schließt mit der Übergabe der Gebote seinen Bund mit den Juden – und diese nehmen die Gebote an („Wir werden tun und hören“, Schemot 24:7).

Das Omer zählen vor Schawuot verweist auf die zweite wichtige Bedeutung des Festes. Omer ist eine alte Maßeinheit für Getreide und da zu der Zeit von Schawuot die erste Ernte  eingefahren wurde und die Menge eines Omer als Dank im Tempel geopfert werden sollte, ist Schawuot auch ein Erntedankfest.

 

Neben dem Studium der Tora und dem lesen der Gebote haben noch zwei andere Bräuche eine große Bedeutung für Schawuot. Zum Einen werden zu dem Fest viele süße Milchspeisen gegessen. Das hat zweierlei Gründe: Erstens führt G´tt die Juden aus Ägypten heraus, um ihnen ein Land zu geben, in dem Milch und Honig fließt. Und im Hohelied Salomos wird die Tora mit Milch und Honig verglichen. Die süßen Milchspeisen sind also ein direkter Verweis auf die Tora und das Ziel der Flucht aus der Knechtschaft. Zweitens – das ist ein wenig mystisch – haben bekanntlich Buchstaben im Hebräischen auch einen Zahlenwert. Somit kann man für jedes Wort eine Zahl errechnen und diese interpretieren (die Kabbala beschäftigt sich sehr intensiv mit dieser Zahlenmystik). Das hebräische Wort für Milch (chalaw) hat nun einen Zahlenwert von 40, was genau die Anzahl der Tage ist, die Moshe auf dem Sinai war. Die milchigen Speisen verweisen also auch auf die Gabe der Gebote auf dem Berg.

Zum anderen wird an Schawuot auch das Buch Ruth gelesen – eine sehr schöne Geschichte mit einer weiblichen Hauptrolle. Ruth ist die Tochter eines Königs von Moaw, einem Nachbarvolk der Israelis. Obwohl sie keine Jüdin ist, beschließt sie, gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter (eine aus Israel nach Moaw geflohenen Jüdin) nach Israel zu gehen. Sie nimmt den Glauben an und bekennt sich zu G´tt („dein Volk ist mein Volk und dein G´tt ist mein G´tt“, Ruth 1:16). Sie kehren just zur Getreideernte an Schawuot zurück ins Heilige Land und Ruth wird die Urgroßmutter von König David, der – was für ein Zufall – auch an Schawuot geboren wird. Die Geschichte von Ruth ist also die einer Konvertitin, die (ähnlich wie die Juden am Sinai) die Gebote auf sich nimmt und einen Bund mit G´tt schließt. Daher passt sie wunderbar zu diesem Fest.

 

Schawuot ist also ein wichtiges Fest mit hoher Bedeutung – ein Fest des Gesetzes, ein Fest des Bundes mit G´tt und neben Simchat Tora auch ein wichtiges Fest der Tora. Aber zugleich eine fröhliche und schmackhafte Feier, die bis spät in die Nacht geht. In diesem Sinne chag sameach und labt euch an Milch und Honig!

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